Ehrenamt in der Offenen Behindertenarbeit

  • Diakonie Kulmbach
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Auch, wenn die Begegnungen derzeit ausgesetzt sind, sind wir stets auf der Suche nach Ehrenamtlichen, die sich nun schon informieren und anmelden können.

Immer herzlich und manchmal eigensinnig: Menschen der OBA suchen Ehrenamtliche

Ob beim Basteln, Spielen oder Spazieren gehen: Die Ehrenamtlichen der Offenen Behindertenarbeit der Diakonie Kulmbach erleben mit  den Menschen mit Behinderung viel Spaß, gute Gespräche und neue Sichtweisen auf den Alltag. Wie man voneinander Optimismus lernen oder sogar seinen zukünftigen Beruf finden kann, erzählt Tessa Streng.

Ein exklusiver Bastelabend für Winterdekoration, die Stimmung der beiden Frauen ist ausgelassen. Die 28-Jährige Sabrina* schneidet und klebt am laufenden Band. „Das sieht so viel schöner aus“, meint sie und gestaltet das Motiv um. Nebenbei erzählt sie fröhlich von ihrem Arbeitstag. Dann reißt plötzlich das Papier ein… und sie verstummt traurig, für viele Minuten. „Das macht nichts. Schau, wenn wir das auf diese Art schneiden und bemalen, dann werden es sogar zwei tolle Stücke“, beruhigt Tessa Streng ihr Gegenüber. Auch sie selbst hat Spaß an der Sache.

Die 20-Jährige aus Kulmbach ist seit August letzten Jahres als Ehrenamtliche für die Offene Behindertenarbeit (OBA) Kulmbach tätig. Derzeit sind gemeinsame Aktivitäten zwar aufgrund des corona-bedingten Lockdowns ausgesetzt, doch können sich Interessierte nun schon informieren und anmelden. Eine besondere Ausbildung ist nicht notwendig. Tessa Streng etwa hatte zunächst auch keine: durch ihren vorherigen 450€-Job und ihr heutiges Ehrenamt hat sie nun jedoch viel Erfahrung mit verschiedenen Situationen und Stimmungen von Menschen erlangt: ob locker und ausgelassen, ob aufregend und mit Nervenkitzel, ob vermeintlich bedeutungslos und doch wichtig.

 

Optimismus voneinander lernen


Manche Reaktionen oder Momente scheinen zunächst ungewohnt für Betreuer oder Ehrenamtliche. Durch ihre Krankheit oder Behinderung seien viele Frauen und Männer manchmal dickköpfig und schwierig zu verstehen. „Mit guten Gesprächen und Verständnis kommt man aber an sie heran. Wenn man ihnen in so einem Moment viel Positives aufzeigt, dann klappt es wieder“, erzählt Tessa Streng. „Auf der anderen Seite steckt ihr Optimismus und ihre Sicht auf die Dinge mich manchmal auch an.“ Sie half bis zum Beginn des Lockdowns bei der Organisation von Veranstaltungen der OBA und in der Einzelbetreuung. Sie puzzelt und spielt etwa mit Menschen verschiedenen Alters, geht mit ihnen alleine einkaufen oder – bis vor wenigen Monaten – auch mal in die Therme. Eine pädagogische Vorbildung hatte sie bis dahin nicht – dafür ein sechswöchiges Praktikum in den Werkstätten für behinderte Menschen gGmbH in Bayreuth und Kulmbach Lebenswerk, das sie noch neugieriger auf dieses Arbeitsfeld gemacht habe. „Die Menschen sind alle eines: und zwar sehr herzlich. Man bekommt etwas zurück und es macht Spaß mit ihnen zusammen zu sein.“

Auch Kathrin Sauermann, die die ehrenamtlichen Kräfte der OBA koordiniert betont: Es ist keine pädagogische Vorbildung notwendig, Offenheit und Herzlichkeit dagegen schon. Auch der Besitz eines Führerscheins wäre hilfreich, ist aber keine Voraussetzung.

Spaziergänge oder Kaffeeklatsch

Denn die Aktivitäten als Freizeitassistenz können variiert werden. Der Fokus liegt auf den Menschen mit Behinderung und deren Wünsche für die Freizeitgestaltung. Die Ehrenamtlichen werden vom Team der OBA eingeteilt – nach Einschätzung, mit welcher Person sie gut harmonieren könnten. So können Spaziergänge unternommen werden, Museums- und Kinobesuche, aber auch ein einfaches Kaffeetrinken bringt oft Freude. Durch die Corona-Pandemie und den Schutz vor einer Infizierung finden derzeit keine Begegnungen statt. Zuvor habe man sich oft und gerne im Freien getroffen. In geschlossenen Räumen halten sich auch die Menschen mit Behinderung sehr gut an die Mund-Nase-Bedeckung, den Mindestabstand und die Hust- und Niesetikette. * Derzeit finden auf Grund des Lockdowns keine Veranstaltungen und Einzelbetreuungen statt. Trotzdem können sich Interessierte gerne bereits jetzt bei der Offenen Behindertenarbeit melden. Sobald ein Treffen im Rahmen der Pandemiebedingungen möglich ist, kann ein erstes Treffen zum gegenseitigen Kennenlernen und Austausch vereinbart werden.

Auch ein Engagement in der Gruppenbetreuung ist normalerweise möglich: Zusammen mit anderen Mitarbeitenden der OBA treffen Sie Menschen mit Behinderung beim Bowling, beim Stammtisch, beim Spieleabend oder in der Kochgruppe. Auch Ausflüge zu weiter entfernten Zielen, bei denen etwa eine Busfahrt möglich ist, gehörten vor der Corona-Krise zum Programm. Derzeit finden solche Aktivitäten leider nur eingeschränkt statt.

„Mit Empathie, Einfühlungsvermögen und Geduld kommt man sehr weit und erlebt tolle Sachen“, weiß auch Tessa Streng. Angst vor Fehlern dürfe man als Ehrenamtliche*r nicht haben: Kleine Fehler mache jeder – und Menschen mit Behinderungen schauen in der Regel genauso drüber hinweg wie wir das auch tun können. Situationen während eines Treffens, in denen sie sich hilflos oder überfordert gefühlt habe, hat sie jedoch noch nicht erlebt. Sollte es aber doch einmal zu einer solchen Unsicherheit kommen, sind Fachkräfte der OBA jederzeit telefonisch erreichbar. Denn generell gilt: Der Austausch zwischen dem Team der OBA und den Ehrenamtlichen sowie deren Anleitung ist unverzichtbarer Bestandteil der Zusammenarbeit.

Wertvolle Erfahrungen für alle

Doch die Begeisterung, die Erinnerungen und neuen Blickwinkel überwiegen: Die junge Frau studiert heute Förderlehramt in Bayreuth um nach ihrem Abschluss in vollem Umfang für und mit Menschen mit Behinderung arbeiten zu können. Ihr Ehrenamt bei der OBA möchte sie so lange es möglich ist fortsetzen.

Wer sich für ein solches Ehrenamt interessiert, kann sich bei Kathrin Sauermann (Tel.: 09 221 / 80 43 33 - sauermann@diakonie-kulmbach.de) melden. Zunächst findet dann ein erstes Informations- und Kennenlerngespräch statt, ehe die Mitarbeitenden der OBA die Planung und Koordination für die gemeinsame Freizeitgestaltung übernehmen. Im Rahmen der folgendenEinarbeitungszeit ist eine pädagogische Fachkraft anwesend: „Aber nicht, um den Leuten auf die Finger zu schauen, sondern um beiden Partnern Sicherheit zu geben.“ Besonders schön: Viele Ehrenamtliche und Menschen mit Behinderung genießen beispielsweise oft ihre gemeinsame Zeit in Form von Spaziergängen am Trebgaster Badesee.

*Name geändert

Die Offene Behindertenarbeit (OBA) der Diakonie Kulmbach betreut seit vielen Jahren erwachsene Menschen mit Behinderung in Stadt und Landkreis Kulmbach, verfügt über ein reichhaltiges Programm aus Freizeit- und Bildungsangeboten und möchte fortan mehr Ehrenamtliche und Menschen mit Behinderung zusammenbringen.

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